Unsere Anreise war sehr entspannt. Von Osaka nach Kyoto sind wir gerade mal eine Stunde gefahren. Am Hostel angekommen konnten wir unser Gebäck abstellen und sofort mit unserer Entdeckungstour starten. Kyoto ist das kulturelle Herz Japans – eine Stadt, in der alte Traditionen und modernes Leben ganz selbstverständlich nebeneinander existieren. Überall trifft man auf beeindruckende Tempel, verwunschene Schreine und ruhige Zen-Gärten, die einen für einen Moment komplett aus der Zeit fallen lassen. Es gibt hier über 1.600 buddhistische Tempel und 400 Shintō-Schreine, sie machen Kyoto zu einem wahren Paradies für Kultur- und Geschichtsliebhaber. An unsrem ersten Tag haben wir uns dafür entschieden, den Philosophen Path und den Heian Tempel zu besuchen. Ganz anders als andere Tempel zuvor, hat dieser einen wunderschönen Kirschblütengarten. Die Flüsse, Deiche und Bäume waren perfekt aufeinander abgestimmt. Danach ging es für uns weiter zum Philosophenweg. Der Weg wurde nach Nishida Kitarō benannt, einem der bedeutendsten japanischen Philosophen des 20. Jahrhunderts. Er war Gründer der sogenannten Kyōto-Schule und soll den Pfad regelmäßig genutzt haben, um auf seinen Spaziergängen über die großen Fragen des Lebens zu sinnieren. Dieser ist einer der Hot Spots von Kyoto, der ganze Weg erstreckt sich über 2 Kilometer und verläuft an einem Fluss entlang. Der ganze Pfad ist voll mit Kirschblütenbäumen ( 500 Stück) Auf jedenfall unser schönster Sakura-Spot, den wir bis jetzt gesehen haben.

Der nächste Tag startete früh – denn in Kyoto gilt: Wer früh da ist, kann die besten Fotos ohne viele Menschen machen. Wir fuhren zum Kiyomizudera Tempel, dieser ist einer der bekanntesten Tempel Kyotos und gehört seit 1994 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Sein Name bedeutet "reines Wasser" und bezieht sich auf den Otowa-Wasserfall, der sich am Fuß des Tempels befindet. Besonders beeindruckend ist die große Holzterrasse der Haupthalle, die auf 139 Balken ganz ohne Nägel errichtet wurde und einen spektakulären Blick über Kyoto bietet. Vom Frühling bis zum Herbst verwandelt sich die Aussicht in ein Farbenmeer – mit Kirschblüten oder Herbstlaub je nach Jahreszeit. Die Tempelanlage liegt am Hang des Higashiyama-Bergs und ist von traditionellen Straßen mit kleinen Läden und Teehäusern umgeben. Kein Wunder also, dass der Kiyomizu-dera jedes Jahr mehrere Millionen Besucher anzieht und zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Japans zählt. Besonders bei Sonnenuntergang oder während der speziellen Abendbeleuchtungen zeigt sich der Tempel von seiner magischsten Seite. Der Weg dorthin führt bergauf durch enge, historische Gassen, was den Besuch fast schon zu einer kleinen Zeitreise macht. Trotz des Trubels spürt man überall die tiefe spirituelle Bedeutung des Ortes. Wir waren bereits um 7.30 vor Ort und schauten uns alles ganz genau an, denn um 8.30 hatten wir unser Kimono Erlebnis gebucht. Wenn man in Kyoto ist, dann ist es naheliegend sich einen Kimono auszuleihen. Der Kimono ist weit mehr als nur traditionelle Kleidung – er ist ein Symbol für die japanische Kultur, Ästhetik und Identität. Auch wenn man ihn im modernen Alltag eher selten sieht, spielt er bei besonderen Anlässen eine große Rolle und wird mit viel Respekt getragen. Ob bei Hochzeiten, Abschlussfeiern oder Teezeremonien. Der Kimono steht immer für etwas Feierliches und Besonderes. Farbe, Muster und Schnitt sind dabei nie zufällig gewählt – sie spiegeln Jahreszeit, Anlass und oft auch den sozialen Status der Trägerin wider. Ein Kimono ist oft ein echtes Kunstwerk – viele werden handgefärbt, bestickt und mit traditionellen Techniken hergestellt, die seit Generationen weitergegeben werden. Wer einen Kimono trägt, bewegt sich automatisch aufrechter und ruhiger – das gehört zur Haltung und Wirkung einfach dazu. Für viele Japanerinnen und Japaner ist der Kimono ein Ausdruck von Bescheidenheit, Harmonie und tiefer Verbundenheit mit der eigenen Kultur. Selbst wenn er nur an wenigen Tagen im Jahr getragen wird, bleibt er ein fester Bestandteil des kulturellen Selbstverständnisses. Wir wollten das Tragen eines Kimonos auch mal für einen Tag testen und haben online ein Kimonorental gebucht. Verena entschied sich noch für Haare und Make up und nach dem Ankleiden gingen wir dann nochmal zum Tempel.

Anschließend schlenderten wir über das Sannenzaka & Ninenzakaviertel. Die Namen "Ninenzaka" und "Sannenzaka" bedeuten wörtlich "Zwei-Jahre-Hügel" bzw. "Drei-Jahre-Hügel". Diese Bezeichnungen stammen aus alten japanischen Mythen und beziehen sich auf die Jahre der Regentschaft von Kaiser Ninmyō und Kaiser Kōkō. Die Legende besagt, dass ein Sturz auf diesen Hängen Unglück über die nächsten zwei oder drei Jahre bringen kann. Entlang der gepflasterten Straßen finden Besucher zahlreiche Geschäfte, die traditionelle Waren wie Kyo-yaki und Kiyomizu-yaki Keramiken, handgefertigte Holzspielzeuge und lokale Süßigkeiten wie Yatsuhashi anbieten. Die Gegend ist auch bekannt für ihre Teehäuser und Restaurants, in denen man die japanische Küche in authentischem Ambiente genießen kann. Die beiden Straßen führen direkt zum Yasakashrein mit angrenzendem Maruyama Park. Der Yasaka-Schrein im Gion-Viertel ist ein echter Klassiker in Kyoto. Dieser historische Shintō-Schrein, der schon seit dem Jahr 656 besteht, zieht mit seiner coolen Architektur und der ruhigen Atmosphäre jedes Jahr unzählige Besucher an. Besonders bekannt ist der Schrein für das Gion Matsuri, ein riesiges Festival, das jedes Jahr im Juli die Straßen von Kyoto zum Beben bringt. Aber auch wenn kein Festival stattfindet, ist der Schrein immer einen Besuch wert.

Direkt dahinter liegt der Maruyama-Park, der vor allem im Frühling ein echtes Highlight ist. Hier blühen die Kirschbäume in voller Pracht, und die berühmte Shidarezakura, eine Weidenkirsche, wird nachts schön beleuchtet. Der Park ist perfekt für einen entspannten Spaziergang oder ein Picknick unter den Bäumen. Wer sich für Geschichte interessiert, kann hier zudem einige Denkmäler entdecken. Der Maruyama-Park hat einfach eine ganz besondere, entspannte Stimmung, die perfekt zu Kyoto passt und hat uns vor allem mit den tollen Kirschblütenbäumen voll und ganz überzeugt. Nach der Kimonorückgabe gingen wir Mittagessen. Zufällig landeten wir in einem kleinen Restaurant, in welchem es frische Okonomiyaki gab. Auf dem Heimweg gingen wir noch durch das Gionviertel. Das Gion-Viertel in Kyoto ist der perfekte Ort, wenn man in die Geschichte und Kultur der Stadt eintauchen möchte. Die engen Gassen mit ihren traditionellen Machiya-Häusern und den historischen Teehäusern versetzen einen direkt in die Edo-Zeit. Eine Geisha haben wir leider nicht gesehen.

Fushimi Inari-Taisha

Ein ganz besonderer Schrein, den wir an diesem Morgen besucht haben. Der Fushimi Inari-Taisha ist einer der bedeutendsten Shintō-Schreine Japans und bekannt für seine unzähligen roten Torii-Tore, die sich wie ein leuchtender Tunnel den Berg Inari hinaufziehen. Der Schrein wurde bereits im Jahr 711 gegründet und ist dem Gott Inari gewidmet – dem Schutzpatron für Reis, Wohlstand und Handel. Inari wird oft von Füchsen begleitet, die als seine Boten gelten. Diese Fuchs-Statuen finden sich überall auf dem Gelände. Die Atmosphäre war sehr mystisch: Die schier endlosen Tore führen durch dichten Wald, unterbrochen von kleinen Souvenirläden, stillen Gebetsstätten und verstreuten Mini-Schreinen. Nach etwa 45 Minuten Fußweg erreichten wir den Gipfel. Dort befindet sich lediglich eine größere Gebetsstätte. Auf den Schildern ist kaum zu erkennen, dass dies tatsächlich der höchste Punkt des Berges ist – es gibt weder einen klassischen Aussichtspunkt noch ein besonderes Zeichen dafür. Aber man hat auf dem Weg hinunter eine wunderschöne Aussicht über ganz Kyoto. Umgeben von Wald, moosbedeckten Steinen und alten Schreinen ergibt sich eine märchenhafte Kulisse – perfekt für eine kleine Pause. Als wir gegen 10:00 Uhr wieder unten ankamen, war der Schrein bereits überfüllt. Generell haben wir in Kyoto alle Schreine möglichst vor 9:00 Uhr besucht, da es danach unglaublich voll wurde. Von geführten Touren bis hin zu ganzen Reisebussen war alles vertreten.

Anschließend ging es weiter zu unserem geplanten Bootstrip. Dort angekommen, genossen wir zuerst den malerischen Anblick des Flusses mit seinen blühenden Kirschbäumen und den alten Brücken. An der Bootshaltestelle wollten wir ein Ticket kaufen – doch leider waren für den Tag bereits alle Fahrten ausverkauft. Da waren wir wohl ein bisschen zu spät dran. In Japan gilt tatsächlich: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Entweder man reserviert online vorab oder ist sehr früh am Ticketschalter. Stattdessen spazierten wir gemütlich am Fluss entlang, machten ein paar schöne Fotos und genossen den Moment. Besonders beeindruckend war es, als die Kirschblüten vom Wind erfasst wurden – wie rosa Schnee tanzten sie durch die Luft. Die Welt um einen herum wird plötzlich still, und man spürt in solchen Momenten, wie viel Glück man hat, das erleben zu dürfen.

Am Nachmittag besuchten wir dann eine Mall zum Essen und starteten eine kleine Erkundungstour an der Kyoto Station. Die Bahnhöfe in Japan sind oft mehrstöckige Einkaufszentren mit Food Halls.  Nach dem Einkaufzentrum, hatten wir genug gesehen für diesen Tag und machten uns auf den Weg nach Hause.

Bambuswald & Schloss Nijo

An diesem Morgen waren wir schon früh unterwegs, denn wir wollten den bekanntesten Bambuswald Kyotos besuchen – den Arashiyama Bamboo Grove. Wir fuhren mit dem Bus zur entsprechenden Haltestelle und waren gegen 7:00 Uhr vor Ort – was sich schon fast als zu spät herausstellte. Bereits bei unserer Ankunft waren einige Besucher dort. Überrascht waren wir, dass der berühmte Bambuswald zunächst entlang einer ganz normalen Straße verläuft. Doch sobald man zwischen den riesigen Bambushalmen steht, ist die Straße schnell vergessen. Die Stimmung ist magisch – das sanfte Licht, das durch die dichten Halme fällt, macht den Ort besonders eindrucksvoll. Ein kleiner Bonus war der wunderschöne Garten, der am Ende des Waldes auf uns wartete. Auf unserem Rückweg entdeckten wir einen weiteren Pfad, der tiefer in den Wald hineinführte, jedoch momentan wegen Renovierungsarbeiten gesperrt war. Von dort aus ging es weiter zur nächsten Station – dem Bahnhof der Sagano Romantic Train. Diese nostalgische Bahnstrecke, vergleichbar mit der Zillertalbahn, gilt als eine der schönsten Bahnstrecken Kyotos. Der Zug fährt entlang des malerischen Hozugawa-Flusses durch Wälder, Tunnel und an Kirschblütenhainen vorbei. Geplant war, den gesamten Rundweg zu machen: Mit dem Zug hin und mit dem Boot auf dem Fluss zurück. Leider hatten wir erneut keine Online-Tickets reserviert, sodass wir nur die Hälfte der Route genießen konnten. Die Bootsfahrt auf dem Hozugawa soll ein einmaliges Erlebnis sein – sie dauert etwa 2,5 Stunden und führt über 16 Kilometer durch eine traumhafte Landschaft aus Felsen, Kirschbäumen und dichtem Wald. Für alle, die diesen Ausflug machen möchten: Unbedingt die Tickets im Voraus online kaufen!

Auf dem Heimweg fiel uns ein, dass wir das Schloss noch nicht besucht hatten – also beschlossen wir spontan, auch das noch mitzunehmen. Am Schloss angekommen, erkundeten wir zuerst den Garten, der die imposante Anlage umgibt. Danach gingen wir in das Innere des Nijō-jō, wie das Kyotoer Schloss eigentlich heißt. Es wurde im frühen 17. Jahrhundert erbaut und war die offizielle Residenz des Tokugawa-Shogunats in Kyoto. Die Anlage gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Besonders beeindruckend war, dass man durch viele offene Türen in die alten Gemächer blicken konnte. Vor jedem Raum standen Tafeln mit Erklärungen zur Nutzung und geschichtlichem Hintergrund. Die gesamte Tour folgte einer vorgegebenen Route, die mit Pfeilen klar gekennzeichnet war. Direkt am Eingang konnte man mit einem QR-Code sogar eine Audioguide-Datei herunterladen, um noch tiefer in die Geschichte des Schlosses einzutauchen. Nach diesem geschichtsträchtigen Ausflug machten wir uns auf den Heimweg und begannen, unsere Sachen für die Abreise vorzubereiten.

Kyoto ist für unser unter den Top 3 Orten in Japan - auch wenn viel los war.