3 Tage / 2 Nächte im Gunung Leuser Nationalpark
Bevor es losging, mussten wir zunächst eine längere Anreise hinter uns bringen. Mit zwei Stunden Verspätung landeten wir am späten Nachmittag (27.9.) in Medan. Da dies unser erster Ort in Indonesien war, mussten wir zuerst die „Immigration“ durchlaufen. Das 60-Tage-Visum hatten wir bereits im Voraus beantragt, jedoch benötigten wir noch ein Gesundheitszertifikat. Leider standen nach der Immigration Computer zur Verfügung, die nicht funktionierten. Erst später bemerkten wir, dass wir auch per QR-Code hätten vorgehen können – toll! Zum Glück war unser Gepäck schon da, und unser Fahrer wartete bereits draußen auf uns. Da wir weder Bargeld noch eine SIM-Karte hatten, hielten wir nach etwa 15 Minuten an einem kleinen Laden an. Zwei freundliche Damen wollten zuerst unsere Pässe sehen. Danach suchten wir eine SIM-Karte aus, und sie sorgten dafür, dass wir schon bald 60 Gigabyte Internet für 30 Tage hatten. Im selben Laden wechselten wir 100 Euro in indonesische Rupien (jetzt fühlen wir uns wie Millionäre, denn 100 Euro sind 1.692.927 Rupien). Da in Indonesien alles etwas langsamer vonstattengeht, setzten wir unsere Fahrt erst um 17:30 Uhr fort.
Wie bereits vermutet, wurden wir sofort ins kalte Wasser geworfen. Der Verkehr war gewöhnungsbedürftig. Neben unzähligen Autos und Lkw waren auch viele Motorradfahrer und einige waghalsige Fußgänger unterwegs. Verkehrsregeln schienen kaum zu existieren; Ampeln gab es nicht. Stattdessen standen Männer an den sogenannten „Kreuzungen“ und regelten den Verkehr mit Pfeifen und winkenden Fahnen. Für besonders fleißige Verkehrswächter gab es auch ein kleines Trinkgeld aus der Fahrertür.
Als ob das nicht genug wäre, begann es zu regnen. Und als ob das nicht genug wäre, zog ein starkes Gewitter auf. Viel Regen und schlechte Straßenverhältnisse bedeuteten eine abenteuerliche Fahrt, die starke Nerven erforderte.
Um 21:30 Uhr erreichten wir schließlich Bukit Lawang, fast an unserer Unterkunft. Um dorthin zu gelangen, mussten wir die letzten Minuten auf einem Roller mitfahren – natürlich im Regen, aber das war uns dann egal. Wir wurden mit einem Begrüßungsgetränk empfangen und erhielten eine kurze Einweisung für den bevorstehenden Trek, bevor wir ins Bett gingen.



Der erste Tag des Treks begann mit einem leckeren Frühstück, und um 09:00 Uhr ging es dann los. Der erste Weg führte uns durch das kleine Dorf Bukit Lawang in Richtung Gunung Leuser Nationalpark. Unsere Guides erinnerten uns an die Dschungelregeln und klärten uns darüber auf, dass hier sowohl semi-wilde als auch wilde Orang-Utans leben. Die semi-wilden wurden aus schlechten Verhältnissen gerettet und hier wieder ausgewildert, während die wilden Orang-Utans schon immer in diesem Nationalpark lebten. Das gesamte System basiert auf einem Abkommen mit der indonesischen Regierung, die diesen Teil vor Abholzung schützt und damit die beeindruckende Tiervielfalt bewahrt. Leider ist der Gunung Leuser NP (800.000 Hektar) ebenfalls von illegaler Abholzung betroffen. Offiziell steht er unter Schutz, aber inoffizielle Verstöße und korrupte Praktiken nutzen Schutzgebiete für wirtschaftliche Zwecke. Es werden illegale Palmölplantagen betrieben, die oft in schwer zugänglichen Gebieten liegen. Palmöl ist für Indonesien ein lukratives Geschäft, und viele lokale Gemeinschaften sind auf das Einkommen aus dem Palmölanbau angewiesen. Etwa 20 bis 25 Prozent des Leuser-Ökosystems sind bereits von der Entwaldung betroffen.



Nun ging es hinein in das wunderschöne Grün. Nach den ersten Minuten waren wir nicht nur komplett durchnässt, sondern sahen bereits die ersten Makakenaffen. Die erste Tageshälfte führte uns bergauf und bergab durch den Dschungel. Um es mit den Worten unseres Guides zu sagen: „After you go down, you go up.“ Nach etwa einer Stunde im Gunung Leuser Nationalpark erblickten wir die ersten Orang-Utans, die entspannt in den Bäumen saßen. Einer trank gerade aus einem Blatt, das er mit Wasser gefüllt hatte. Es war ein unglaubliches Gefühl, diese majestätischen Tiere in ihrer natürlichen Umgebung beobachten zu können. Am Vormittag gab es die erste Stärkung in Form von leckerer Ananas, Drachenfrucht, Papaya und Passionsfrucht. Dann ging es steil bergauf durch den Dschungel. Schnell stellten wir fest: Dieser Trek ist kein Zuckerschlecken. Die Wege sind oft eng und matschig, viele sind mit Seilen gesichert, oder man rutscht auf dem Po den Hang hinunter.



Mittags gab es wieder köstliches Essen. Danach setzten wir den Trek fort und sahen viele weitere Tiere. Am Nachmittag erreichten wir unser erstes Camp, das an einem kleinen Fluss lag. Unsere „Betten“ bestanden aus zwei Matratzen auf dem Boden, die von einem Moskitonetz umgeben waren, und Wellblechdächern schützten uns vor der Witterung. Abenteuer pur! Der tägliche Insektencheck stand auf der Agenda. Nachdem wir unser Gepäck abgeladen hatten, gingen wir in Badekleidung zur Dschungeldusche im Fluss. Anschließend gab es Tee und Kekse zur Stärkung. Am Abend wurden wir wieder mit leckerem Essen verwöhnt: Tempe, Hähnchen, Curry und Reis. Danach spielten wir mit Valentina (aus Spanien) und Julien und Amelie (aus Frankreich) ein Kartenspiel. Wir waren eine Gruppe und hatten viel Spaß zusammen.



Um 19:30 Uhr war es im Dschungel stockdunkel. Es gab keine Lichtquelle mehr, nur ein paar Kerzen und unsere Stirnlampe. Um 20:30 Uhr waren wir so müde, dass wir ins Bett gingen. Die Nacht war gewöhnungsbedürftig. Mit den lauten Geräuschen des Dschungels einzuschlafen, ist weniger komfortabel, als man denkt. Als dann auch noch Kratzgeräusche und der Geruch von großen Ratten hinzukamen, wurde die Nacht eher unruhig. Aber das gehört dazu, und irgendwann fanden wir doch ein paar Stunden Schlaf.
Am nächsten Tag erhielten wir direkt nach dem Aufstehen Tee und Kekse, gefolgt von einem leckeren Frühstück. Nun startete der zweite Tag, und natürlich ging es sofort steil bergauf.
Der zweite Tag war ebenfalls geprägt von der faszinierenden Tierwelt. Wir sahen weiße Handgibbons, die fast unmöglich auf Foto oder Video festzuhalten sind. Sie springen extrem schnell und flink von Baum zu Baum und können dabei Distanzen von bis zu 10 Metern überwinden. Ihre langen Arme und kräftigen Schultern ermöglichen es ihnen, mit hoher Geschwindigkeit und Präzision durch die Bäume zu schwingen.



Wir gingen auch direkt an einem sogenannten Gibbon-Baum vorbei, einem guten Ort, um viele dieser Tiere zu beobachten. Die alten Bäume im Leuser Nationalpark spielen eine entscheidende Rolle für das gesamte Ökosystem, indem sie Lebensraum und Nahrungsquellen bieten und zur Biodiversität des Gebiets beitragen. Einige Bäume sind über 200 Jahre alt.
Auch an diesem Tag wurden wir wieder mit frischen Früchten und einem leckeren Mittagessen versorgt. Nach einem letzten Anstieg begann der letzte Abstieg, der sehr abenteuerlich war. Wir mussten uns den gesamten Weg an Seilen festhalten, und die Tritte waren oft so weit auseinander, dass die Mädchen aus unserer Gruppe große Schwierigkeiten hatten, hinunter zu kommen. Der Weg war matschig, voller Wurzeln, und einige Bäume waren von Termiten besiedelt, sodass wir uns auch daran nicht festhalten konnten. Der letzte Abstieg dauerte fast eine Stunde, aber unser Guide passte gut auf uns auf. Völlig erschöpft erreichten wir das Camp, das einfach atemberaubend schön war. Wir fühlten uns wie im Film „Tarzan“, umgeben von Regenwald, grünen Bäumen und wunderschöner Natur, so weit das Auge reicht.



Sofort sprangen wir ins kühle Wasser und bemerkten dabei die Strömung, die für die Raftingfahrt zurück benötigt wird. Nun hatten wir Zeit, schöne Fotos zu machen und uns etwas zu entspannen. An diesem Abend machte unser Guide Feuer. Einer der Guides schwamm auf die andere Flussseite, um altes Holz zu holen, das er unserem anderen Guide zuwarf. Anschließend schnitzten sie es in kleinere Stücke und entzündeten das Feuer, das vor allem dazu diente, Moskitos und Insekten abzuwehren.
Wegen des aufkommenden Regens mussten wir das Abendessen ins Innere verlegen. Der Abend war besonders lustig. Unser Guide kannte sich nicht nur im Dschungel aus, sondern beherrschte auch einige beeindruckende Kartentricks. Wir unterhielten uns viel mit ihm, auch über die neue Hauptstadt auf Borneo. Jakarta ist der Inbegriff für Überbevölkerung: Mit 11 Millionen Einwohnern ist es Indonesiens größte Stadt. Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von 15966 Ew./km². Jakarta sinkt jährlich um 3 bis 25 cm je nach betroffen Gebiet. Ein großer Teil des sinkenden Bodens ist auf die Übernutzung von Grundwasser zurückzuführen. Viele Haushalte benötigen Brunnen, da die städtische Wasserversorgung oft unzureichend ist. Diese Entnahme senkt den Wasserspiegel und lässt den Boden absacken. Der steigende Meeresspiegel erhöht die Hochwassergefahr, während die Stadt gleichzeitig sinkt, was sie anfälliger für Überschwemmungen macht. Daher plant die Regierung, bis 2045 auf Borneo die neue Hauptstadt Nusantara zu errichten. Nach außen hin möchten sie eine grüne und nachhaltige Stadt mit moderner Infrastruktur schaffen und Vorreiter in umweltfreundlichen Technologien werden. Der Umzug soll auch die wirtschaftliche Entwicklung in weniger entwickelten Regionen auf Borneo fördern. Die Realität sieht jedoch so aus, dass dafür bis zu 100.000 Hektar Regenwald abgeholzt werden könnten. Bis Oktober 2023 waren bereits 4.000 Hektar betroffen. Aktuelle Zahlen existieren nicht, da der Bau noch nicht abgeschlossen ist und solche Informationen nicht für die Öffentlichkeit bereitgestellt werden. Der Verlust des Regenwaldes hat erhebliche Auswirkungen auf die Natur und die Tiere, insbesondere auf die ohnehin schon gefährdeten Orang-Utans, die es nur noch auf Borneo und Sumatra gibt.
Die Meinung unseres Guides dazu: Ja, es ist schlimm, dass der Regenwald für die neue Hauptstadt abgeholzt wird, aber die Menschen in Jakarta haben keine andere Wahl. Entweder sie sinken mit der Stadt oder sie ziehen um, auch wenn sich nur ein Bruchteil der 11 Millionen Einwohner diesen Umzug „leisten“ kann. Wir lassen das mal so stehen.



Am nächsten Morgen kühlten wir uns nach dem Frühstück noch bei einem Wasserfall ab, und nach dem Mittagessen ging es mit dem Rafting zurück zum Basiscamp. Das Rafting war eine sehr coole Erfahrung. Es war mehr eine ruhige Flussfahrt mit einigen kleinen Wellen als ein richtiges Rafting. Es war erneut beeindruckend, den Dschungel links und rechts zu sehen und sich ein letztes Mal wie Tarzan zu fühlen. Die Fahrt dauerte etwa 30 Minuten.
Fazit: Das Dschungeltrekking war das herausforderndste, abenteuerlichste, lehrreichste und schönste Erlebnis, das wir je in unserem Leben gemacht haben. Wir können es jedem empfehlen, das Ganze selbst zu erleben..


