„Raus aus der Komfortzone“ – Das trifft wohl auf die komplette Indonesienreise zu. Denn hier sind Dinge völlig normal, die zu Hause undenkbar wären.
Mitten im Dschungel schlafen? Kein Problem. Laute Tiergeräusche, Spinnen, Ratten, Bienen, die sich in unserem Moskitonetz ein Nest gebaut haben? Auch kein Problem. Sich schon am Anfang gleich mit Menschen zu verbinden, mit denen man teils längere Gespräche geführt hat als mit manchen Arbeitskollegen? Ja, sogar Essen, Trinken und den Schlafplatz teilten wir mit ihnen – oder auch mal Medikamente und Desinfektionsmittel, haha. Normalerweise überlegt man es sich gut, fremden Leuten zu vertrauen; hier hatten wir gar keine andere Wahl. Auch über Besteck und Teller, die im Fluss ausgewaschen wurden, oder über Tee, der aus abgekochtem Flusswasser zubereitet wurde, machten wir uns keine Gedanken. Auch die Nächte im Basiscamp waren alles andere als europäischer Luxus. Das Minibad, das direkt neben unserem Zimmer lag, roch bestialisch nach allem, was eben auf der Toilette erledigt wird. Noch dazu teilten wir uns das „Bad“ mit dem Nebenzimmer. Da war die Dschungeltoilette schon um einiges „komfortabler“. Auch der Fluss des Dschungels wäre uns manchmal lieber gewesen als manche kalte Dusche – vor allem, wenn man sie dann noch mit Kakerlaken teilen muss.

Über die Inlandsflüge hatten wir einiges Schlechte gehört, wie z. B. ständige Verspätungen, alte Maschinen usw. Doch wir hatten immer Glück; alle Flüge waren wirklich top. Meistens waren wir die einzigen Europäer im Flughafenbereich und im Flieger. Die Locals sind sehr nett, und beim Sicherheitscheck wird man oft gefragt, wie man heißt und woher man kommt.

Unsere Schlafqualität litt des Öfteren unter lauten Hähnen, die ab 04:30 Uhr ihr Kikeriki zum Besten gaben. On top gab es oft noch Moscheen dazu. Manche von ihnen starteten bereits um 03:30 Uhr und beschallten alle zwei Stunden die Ortschaft, wie es auf Java der Fall war. Apropos Java … um 03:00 Uhr nachts mit einem wildfremden jungen Fahrer Richtung Mount Bromo fahren? Vorbei an einer Mautstelle mit ein paar zwielichtigen Typen? Einfach Vertrauen haben, war unser Motto. Wie schafft man es dann auch noch, mitten im Nirgendwo auszusteigen, seiner Anweisung zu folgen, einen dunklen Weg entlang zu gehen und darauf zu hoffen, dass er mit dem Jeep an der Stelle wartet? Vertrauen, einfach nur vertrauen. Denn etwas anderes bleibt sowieso nicht übrig.

Natürlich waren wir auch oftmals genervt von unzuverlässigen Taxifahrern oder zu schnellen Fahrern oder „ständig am Handy“ Fahrern. Je nach Ort fühlten wir uns auch nicht überall wohl. Denn in manchen Gegenden oder Städten sind die Einheimischen einfach genervt von den Touristen, und das merkt man. Sie geben keine Antworten oder tun so, als könnten sie kein Englisch. Der Lifestyle ist manchmal schwierig einzuschätzen. Viele Indonesier haben einfach in unseren Augen keinen Bezug zur Auswirkung des Mülls auf die Natur. Müll wird verbrannt oder einfach irgendwo hingeworfen. Die Luftqualität ist teilweise einfach nur schlecht und versmoggt. Zwischen Sandstränden und Palmen sieht man viele Rauchwolken. Balis größte Müllhalde ist einfach nur ein Desaster, wofür auch Europa eine große Schuld trägt. Gerade früh morgens war es nicht immer einfach, im Zimmer zu lüften, da vor allem in der Früh sehr viel Müll verbrannt wird.

Dachten wir anfangs, dass uns Bali am wenigsten gefällt (aufgrund von Overtourism), hat uns diese Insel positiv überrascht. Aufgrund der hinduistischen Religion sind die Locals hier einfach anders. Wir haben uns mit vielen Kellnern, Taxifahrern, Homestaybesitzern oder Bedienungen unterhalten. Alle hatten sie die gleiche Botschaft. Die Balinesen glauben an Karma und sind unglaublich dankbar für alles, was ihnen das Leben bietet. Und dieses Gefühl möchten sie den Touristen weitergeben. „We want you to feel like family here.“ Diesen Satz werden wir wohl so schnell nicht vergessen. Denn ist es in Europa größtenteils so, dass man beispielsweise im Restaurant einfach einer von 1000 ist und kein Wert auf Service gelegt wird, ist das in Bali undenkbar. Die Mitarbeiter sind happy, lachen, sind freundlich und interessiert an den Europäern. Es sind wahre Herzensmenschen, und davon kann sich jeder eine Scheibe abschneiden. Meckern wegen Kleinigkeiten gibt es hier einfach nicht. Kauft man einer Frau in einem Miniladen Flip-Flops für 1,50 € ab, so erinnert sie sich am nächsten Tag noch an dich. Unterhält man sich mit einem Kellner, bedankt er sich am Ende dafür.

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Den Schuluniformen sind sie in den letzten 30 Jahren treu geblieben.

Hierzu gibt es noch eine kurze Story aus Sidemen: Einen Abend waren wir in einem relativ neuen Restaurant essen. Der Kellner stellte sich in perfektem Englisch vor und entschuldigte sich für seine Angestellten, falls sie die englische Sprache noch nicht so gut verstehen. Er erklärte uns, dass er ein „Trainer“ für die jungen Mädels ist. Sie lernen gerade erst, in einem Restaurant zu arbeiten, und sie lernen alles von ihm, da die Tourismusschule auf Bali sehr teuer ist. Wir waren neugierig und fragten ihn nach seiner Geschichte. Er erzählte uns, dass seine Englischlehrerin damals zu ihm sagte, dass er die Sprache niemals lernen wird, weil er richtig schlecht darin ist. Er arbeitete zu dieser Zeit auf dem Reisfeld seiner Eltern und wollte aber dann etwas anderes machen. Er ging spazieren und wurde vom Besitzer eines Hotels angesprochen: „Brauchst du einen Job? Du kannst bei mir im Hotel mitarbeiten.“ Er wollte zuerst ablehnen, weil er kein Englisch kann, der balinesische Besitzer meinte aber, dass er es ihm beibringen kann. Innerhalb von 10 Monaten lernte er mit Hilfe seines Chefs, den Gesprächen mit den Touristen, seinen Vokabelheften und den Gesprächen mit den anderen Mitarbeitern richtig gutes Englisch. Die negativen Worte seiner Lehrerin verhalfen ihm zu mehr Selbstbewusstsein und einem guten Job, denn er beschloss, diese negative Aussage nicht auf sich sitzen zu lassen. Als er in der Schule gefragt wurde, warum er plötzlich so gut Englisch kann, antwortete er nur „Because of you.“ Und nun bringt er wiederum den neuen Mitarbeitern Englisch bei; jede von ihnen hatte ihr Notizbuch dabei, und sie versuchten sich dann mit uns zu unterhalten, um ein bisschen zu üben. Wir hatten einen super lustigen Abend dort und erinnern uns gerne daran zurück.

An einem Abend haben wir eine Australierin kennengelernt, die seit ihrem 18. Lebensjahr jedes Jahr nach Bali fährt. Heute ist sie 68. Wir haben sie gefragt, wie sie die Veränderung der Insel empfunden hat. Sie sagte uns: „You know, every place in the world changes, but you can still find beauty everywhere. Buildings are changing, but Balinese people never change.“ Diese Sätze fanden wir sehr passend, denn in Ubud gefiel es uns besser als gedacht, obwohl viel los ist. Es ist das spirituelle Zentrum von Bali und bietet einige schöne Tempel, traditionelle Tanzaufführungen und die Möglichkeit zu Wellness und Yoga. Die berühmte Reisterrasse Tegallalang hat uns persönlich sehr gut gefallen; die Bewässerung ist traditionell balinesisch und nennt sich Subak-System. Die ganzen Schaukeln und Influencer muss man einfach ignorieren.

In den letzten Tagen unserer Balireise konnten wir noch die andere Seite von Bali kennenlernen. Wir sind froh, dass wir nicht mehr Tage in Kuta verbracht haben. Hier findet man alles, was man im untouristischen Teil nicht findet: keine Ruhe, überall Autos und Mopeds. Hat man mal keinen Gehsteig an der Straße, hat man Angst, überfahren zu werden. Vor jedem Hotel warten Sicherheitskräfte, die Autos ein- und ausweisen. An jeder Ecke, egal ob am Strand oder auf der Straße, warten die Einheimischen darauf, die Urlauber anzusprechen und ihnen etwas zu verkaufen. Fühlt sich an wie Urlaub in Europa. Wir wussten vorher, dass Kuta für sein Nachtleben bekannt ist, und dieses haben wir auf zwei Seiten erlebt, als wir auf dem Kuta Beach Festival waren. Wir wurden mehrmals darauf angesprochen, ob wir Drogen kaufen möchten. Das Resultat der Drogenverkäufe sahen wir wenige Minuten später auf dem Festival, denn dort waren viele desorientierte Menschen, und manche von ihnen lagen regungslos in den Armen ihrer Freunde. Am nächsten Morgen wollten wir noch einen Ausflug zum Tanah-Lot-Tempel machen. Unser Ziel war es, ein Vergleichsfoto von vor 30 Jahren zu machen, als Verenas Eltern in Bali waren. Leider konnten wir den Ausflug nicht durchführen, weil unser Fahrer nicht auffindbar war. Die Agentur hat sogar seine Frau angerufen, die sagte, dass ihr Ehemann noch nicht mal zu Hause sei. Wir sahen auf WhatsApp, dass er zuletzt um 03:05 Uhr online war. Die Agentur wollte uns noch einen anderen Fahrer schicken, aber leider war es zeitlich für uns schon zu spät. Den Tanah-Lot-Tempel besichtigt man am besten bei Ebbe, da man dann direkten Zugang zum Tempel hat. Wir waren enttäuscht, aber wer weiß, wofür das gut war. Stattdessen fuhren wir noch zu zwei kleinen Tempeln direkt in Kuta. Einer davon war ein buddhistischer Tempel, der sehr farbenfroh und der chinesischen Kultur entsprechend gestaltet war. Wir waren die einzigen Touristen dort. Den zweiten Tempel konnten wir leider nicht von innen besuchen, da gerade eine Zeremonie stattfand.

Fazit:

Für uns ist es sehr schön zu wissen, wie die andere Seite von Bali und ganz Indonesien aussieht. Wir sind glücklich, dass wir soviel von den Einheimischen lernen durften, wofür wir sehr dankbar sind, da wir durch sie die Kultur von Indonesien und Bali erleben konnten.