Am Montag früh, den 13.01., wurden wir von unserem Flughafenshuttle in San Pedro abgeholt. Der Flughafen in Calama ist sehr klein, deshalb war die Gepäckaufgabe auch innerhalb von 5 Minuten erledigt. Nicht ganz so schnell ging es beim Kaffee und Frühstück. Dafür muss man dann schon mal 40 Minuten warten. Südamerika eben. Der Flug hatte eine Stunde Verspätung, aber wir sind gut in Santiago gelandet.
Dann haben wir uns mit dem Flixbus auf den Weg nach Vina del Mar gemacht. Im Gegensatz zu den Flixbussen in Deutschland sind die chilenischen Busse sehr komfortabel, man hat viel Platz und die Sitze lassen sich weit nach hinten verstellen. Für das Ticket haben wir 8 Euro bezahlt, für eine Strecke von 1,5 Stunden.
In Viña del Mar ging es dann mit dem Uber weiter Richtung Concón. Bei solchen Tagen bereut man es dann manchmal, nicht einfach nur mit Handgepäck reisen zu können.
Uber fahren in Chile ist übrigens sehr günstig. Für eine Strecke von 30 Minuten zahlt man ca. 7 Euro. Bei der Unterkunft angekommen, hat der Gastgeber schon vor der Haustür auf uns gewartet. Das Airbnb war in einem 26-stöckigen Gebäude, welches einen Gemeinschaftspool und ein kleines Fitnessstudio hat. Im Eingangsbereich gibt es eine 24-Stunden-Rezeption mit Videoüberwachung. Die Gastgeber, Hernán und Patricio, waren die besten Hosts seit unserer Reise. Sie waren bemüht, lieb, sehr hilfsbereit und stets darauf bedacht, dass wir in Sicherheit sind. Die Orte Renaca, Vina del Mar und Concón gelten als sicher und die Einheimischen sind hier ganz anders als in Santiago. Sie sind offener und freundlicher, und man kann hier sogar abends bedenkenlos spazieren gehen. Hernán hat uns gleich am ersten Tag viel über die Chilenen erzählt. Er sagt, dass viele nicht so offen gegenüber anderen Kulturen oder Menschen sind, weil Chile quasi vom Rest der Welt "abgeschnitten" ist. Auf der einen Seite ist der Pazifik und auf der anderen Seite müssen sie die Anden überqueren, um in ein anderes Land (z. B. Argentinien) zu kommen. Ganz extrem ist es bei den Einheimischen im Norden, denn dort haben sie im Grunde nichts und die Jobaussichten sind die schlechtesten des ganzen Landes. In Santiago ist es wohl allgemein zur Zeit schwierig. Er meinte, dass er den Hauptplatz und einige Bereiche der Innenstadt nicht mal für ihn als Einheimischen sicher findet. Deshalb ist er mit seinem Mann nach Concón ans Meer gezogen.



Die Aussicht von unsrem Air bnb und ein Sunsetspot in der Nähe
Er bot uns an, uns den Ort Vina del Mar und Valparaíso genauer zu zeigen. Das Angebot haben wir natürlich dankend angenommen und so ging es am nächsten Tag um 09:00 Uhr mit dem Local Bus los nach Vina del Mar. Die lokalen Busse sind ein Fall für sich. Es läuft folgendermaßen ab: Man steht am Straßenrand, der heranfahrende Bus hupt (frei nach dem Motto: "Ich bin jetzt da") und wer mitfahren möchte, muss die Hand heben. Dann steigt man ein und sagt: "Dos Valparaíso". Während man bezahlt, fährt der Busfahrer schon weiter und die Worte "racy driver" bekommen eine neue Bedeutung. Es war eine lustige und vor allem günstige Fahrt (2 Euro für zwei Personen). In Valparaíso haben wir erfahren, dass die Stadt aus über 40 Hügeln besteht. Viele Häuser sind mit Graffiti bemalt. Wir haben auch einige coole Gemälde gesehen. Die historische Standseilbahn wurde auch von uns getestet. Sie verbindet die unteren Teile der Stadt mit den höher gelegenen. Allerdings müssen wir ehrlich gesagt sagen, dass uns die Stadt überhaupt nicht gefallen hat. Die Gebäude sind größtenteils total heruntergekommen und alt. Die Straßen sind schmutzig und schmuddelig. Die Bars und Restaurants sehen bis auf ein paar klitzekleine Ausnahmen nicht sehr einladend aus.
Abends soll man hier als Tourist auch nicht mehr rausgehen, und wir verstehen auch warum. Allein im Supermarkt waren 5 Sicherheitsleute mit Waffen, Sturmhaube und kugelsicherer Weste. Es gibt einen kleinen Hauptplatz, bei dem täglich ab 17:00 Uhr Drogen angeboten werden. Wir waren ganz froh, dass wir den Tag mit einem Einheimischen verbracht haben. Früher war der Hafen von Valparaíso einer der Haupthäfen, aber seit dem Bau des Panamakanals ist die Bedeutung des Hafens stark zurückgegangen. Deshalb wurden viele historische Gebäude stark vernachlässigt.
Valparaíso wäre unser nächstes Ziel gewesen, aber wir änderten dann die Buchung von 3 auf 2 Nächte.
Als Abschluss für unseren kleinen Ministädtetrip sind wir noch auf einen lokalen Markt gegangen. Das war ein sehr cooles Erlebnis und wir lassen einfach mal die Fotos für sich sprechen.








Die restlichen Tage verbrachten wir mit Sport und der weiteren Reiseplanung. Am vorletzten Abend haben die Gastgeber ein typisch chilenisches Gericht und einen dazu passenden Drink vorbereitet. Pisco Sour ist eine Mischung aus Schnaps (Pisco), frischem Zitronensaft, Zuckerwasser und Eiweiß. Natürlich hatten wir Bedenken wegen dem Eiweiß, aber zum Glück ging alles gut. Das Essen nennt sich "Ceviche": Ist ein Roher Fisch mit Zwiebel und frisch gepresster Zitronen und Kräutern deiner Wahl, Die Chilenen verwenden meistens Koriander und Petersilie.
Nach dem Essen saßen wir noch mit Hernán und Patricio auf dem Balkon, unterhielten uns und zeigten uns gegenseitig chilenische und deutsche Musik. Es war ein sehr lustiger und unterhaltsamer Abend und wir waren sehr traurig, als wir nach 4 Nächten wieder ausziehen mussten.
Unser nächstes Airbnb im 30 Minuten entfernten Valparaíso passte vom Aussehen her genau zum Stadtbild. Alt, dreckig, bunt und laut. Lärm von der "Partystraße" bis 02:00 nachts. Und als Sahnehäubchen gab es noch den Geruch von Cannabis dazu, denn es ist hier legal, einen Joint zu rauchen, und die Chilenen nehmen sich das sehr zu Herzen. Dieser Geruch lag dauerhaft in der Wohnung, weshalb wir versuchten, so wenig wie möglich dort zu sein.
Wir stornierten eine Nacht und entschieden uns, vorm Abflug nach Mexiko lieber eine Nacht im Flughafenhotel zu übernachten.
Am vorletzten Tag haben wir noch bei einem Surfwettbewerb in Renaca zugeschaut und den Nachmittag lieber dort als in Valparaíso verbracht.




Sonnenuntergang, lecker Empenadas für 8 Euro, chilenischer Abend im Air bnb und der Surfwettbewerb




Unterkünfte für unter 30 Euro pro Nacht schauen dann halt so aus.. zumindest die Aussicht passt.
Fazit 21 Tage Chile
Beginnen wir mit den Dingen, mit denen wir uns ein bisschen schwergetan haben. Der Versuch, mit Einheimischen Kontakt zu kommen, ist nicht ganz einfach. In erster Linie spielt die Sprachbarriere eine große Rolle. Ein paar Wörter Spanisch verstehen wir mittlerweile, aber natürlich reicht es nicht aus. Die meisten Einheimischen können kein Englisch, und wenn sie Englisch können, tun sie erstmal so, als könnten sie es nicht. Ein Interesse an einer Konversation mit Touristen besteht nicht. Das hat sich erst in Vina del Mar geändert. Man merkt auch, dass die Menschen hier nicht gerne arbeiten, was man angesichts der ungleichen Einkommen und hohen Lebenshaltungskosten verstehen kann. Im Jahr 2019 gab es soziale Proteste. Die Chilenen sind unzufrieden, denn nur ein kleiner Teil verdient gut. Der andere Teil ist auf Kredite angewiesen, um den Lebensstandard zu halten. Auslöser für den Protest war eine Erhöhung der U-Bahn-Preise um 4 Cent. Was als nicht viel erscheint, war für die Chilenen nur die Spitze des Gipfels. Denn sie leiden unter den hohen Kosten für Bildung und Gesundheit. Selbst mit einer öffentlichen Gesundheitsversorgung müssen die Einheimischen für ihre Verhältnisse viel Geld für Medikamente und jegliche Behandlungen ausgeben. Die Preise in den Apotheken sind mit denen in Deutschland vergleichbar. Zum Schutz vor Raubüberfällen stehen in jeder Apotheke 1 oder 2 Sicherheitsleute, und man muss am Anfang eine Nummer ziehen. Auch bei den Bussen in Vina del Mar zeigt sich die Korruption. Die lokalen Busse fahren offiziell bis 18:00 Uhr. Laut unseres Host werden sie dann, Inoffiziell an Familienmitglieder weitergegeben, um weitere Gelder zu verdienen. Die Familienmitglieder fahren oftmals bekifft durch die Straßen, deshalb sollte man die Busse am Abend meiden. Aber wie bereits erwähnt, ist der Besitz und Konsum von Cannabis normal und auch legal.
Gut gefallen uns die vielfältige Landschaft und die wunderschöne Natur. Chile hat viel zu bieten. Die Infrastruktur ist gut. Die öffentlichen Verkehrsmittel funktionieren super. Auch das Ubersystem ist mehr als gut ausgebaut. Mit den Flixbussen kommt man mehrmals pro Tag problemlos von A nach B. Das Thema Sicherheit spielt natürlich eine Rolle. Fühlt man sich sicher, wenn überall Sicherheitsleute sind? Natürlich. Hinterfragt man es, weshalb sie sogar in Apotheken stehen? Klar. Würde man trotzdem nachts rausgehen? Auf gar keinen Fall. In der Atacamawüste haben wir uns am sichersten gefühlt. Der Ort ist so klein und jeder ist hier auf Touristen angewiesen. Da braucht man sich keine Sorgen zu machen.
Was auch erstaunlich gut funktionierte, sind die Touren. Der Guide hat immer super Englisch gesprochen, ging auf jede Frage ein und hatte ein großes Allgemeinwissen, das er sich meist selbst erarbeitet hat. Mit Hilfe von Google und Büchern. Am Abend vor den Touren gab es immer Kontakt per WhatsApp, zum nochmaligen Abgleich der Abholzeit. Beim Flughafenshuttle konnten wir sogar über eine App den Fahrer tracken, um zu sehen, wie weit er noch von uns entfernt war.
Supermarktshopping macht hier auch Spaß. Vor allem in großen Städten sind die Supermärkte (vor allem JUMBO) teils so groß wie bei uns die Metro. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Inklusive Erdinger Weißbier und Essiggurken. Importierte Waren sind natürlich teuer, alles andere war günstig. Ein Kilo Avocado gibt's z. B. für einen Euro. Ein Highlight sind die großen Bäckereien, die in die Supermärkte integriert sind. Das Brot wird wortwörtlich vor den Augen frisch rausgebacken und in die Theke gelegt. Da sind die Bäcker noch Bäcker, nicht nur Verkäufer.
War es anfangs nicht geplant, mehr von Chile zu sehen, waren wir am Ende sehr froh, die Schönheit und Vielfalt dieses Landes zu entdecken.



Unser Chile Highlight bleibt die Atacamawüste